Am 24. Mai 2018 reichte Matthias Borner (SVP) folgende Interpellation ein:
«Wie aus den Medien zu entnehmen ist, wurde die Jugendarbeit mit dem Betrieb des Provisoriums 8 an den Verein Kinder- und Jugendförderung Wohlen vergeben. Bei diesem Budget-posten handelt es sich um einen jährlichen Betrag von 242'000 CHF, welcher unter den nicht gebundenen Ausgaben einen substanziellen Wert aufweist. Da die Vergaben in anderem Zusammenhang zu Diskussionen Anlass gegeben haben, erlauben wir uns dem Stadtrat die folgenden Fragen zu stellen:
1. Wie wurde dieser Auftrag vergeben? Gab es dazu eine Ausschreibung?
2. Da es momentan keine Leistungsvereinbarung gibt, nach welchen Kriterien wurde der Auftrag vergeben?
3. Da der Vertrag nur bis Ende Jahr gilt, wird es für den weiteren Betrieb eine öffentliche Ausschreibung geben?»
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Stadträtin Iris Schelbert-Widmer beantwortet den Vorstoss im Namen des Stadtrates wie folgt:
Nach dem Rückzug des Vereins «JugendKulturHaus Provisorium 8» per 31. Dezember 2016 wurde für die Oltner offene Jugendarbeit mit minimalen personellen und finanziellen Mitteln in einem Übergangsbetrieb organisiert, um die wichtigen Elemente der ehemaligen Arbeit des «Provi 8» (Jugendkulturbetrieb und offene Anlaufstelle für Jugendliche) weiterzuführen. Dieser Übergangsbetrieb läuft Ende Juli 2018 aus.
In Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Nordwestschweiz entstand 2016 in einem partizipativen Verfahren mit Teilnehmenden aus Verwaltung, Fachgremien, Institutionen und Vereinen, politischen Parteien und Elternvertretungen der Grundlagenbericht «Leitlinien und Schwerpunkte der Kinder-, Jugend- und Familienförderung der Stadt Olten». Teil davon war auch die Neuaufstellung der Oltner Jugendarbeit – im Grundlagenbericht unter der Bezeich-nung «Freizeit und Partizipation». Auf dieser Basis hat die Direktion Bildung und Sport die Weiterarbeit vorgenommen.
Es galt, die bestens funktionierenden Angebote Robi, Midnight, Trendsport und Open Sunday noch besser bekannt zu machen und zu stärken. Viele Kinder und Jugendliche nehmen diese Angebote wahr. Ebenfalls gut ausgebaut sind die Angebote zahlreicher Vereine und Verbände.
Aus dem Kernbereich der ehemaligen Oltner Jugendarbeit des Provisorium 8 wollte man die beiden Elemente «Jugendbüro» und «Jugendkultur» neu aufstellen. Das Jugendbüro soll den ehemaligen Jugendtreff ablösen und gemäss den fachlichen Prinzipien der offenen Jugendarbeit den partizipativen Aspekt stärker herausstellen. Man will die Bedürfnisse der Jugendlichen aufnehmen und sie dabei unterstützen, daraus entstehende Initiativen oder Projekte zu verfolgen und die entsprechende Verantwortung zu übernehmen.
Ähnlich möchte sich die Stadt im Bereich der Jugendkultur aufstellen. Auch dort sollen partizipative Ansätze Grundlage der neuen Ausrichtung sein. Der bereits jetzt gut funktionierende und intensiv beanspruchte Eventraum im Provi 8 soll Basis für den künftigen Betrieb sein.
In einem ersten Schritt führte die Direktion Bildung und Sport Gespräche mit lokalen Anbietern, die über Kompetenzen in den gefragten Bereichen verfügten: Robi für die offene Jugendarbeit im Jugendbüro und die Schützi für die Jugendkultur. Die Gespräche verliefen grundsätzlich positiv, dennoch wären die neuen Aufgaben für den Robi und die Schützi eine Herausforderung geworden, da die jeweiligen Kernbereiche hätten erweitert werden müssen. Zudem hätten die angefragten Institutionen nur je einen Teil und nicht das ganze Paket des ehemaligen Provi 8 übernehmen können.
Zu Frage 1: Wie wurde der Auftrag vergeben? Gab es dazu eine Ausschreibung?
Gemäss Art. 1 der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB; BGS 721.521) soll mit den harmonisierten Vergaberegeln der wirksame Wettbewerb unter den Anbieterinnen und Anbieter gefördert, deren Gleichbehandlung sowie die unparteiische Vergabe gewährleistet, die Transparenz des Vergabeverfahrens sichergestellt und für die wirtschaftliche Verwendung der öffentlichen Mittel gesorgt werden. Sie haben Bauaufträge, Dienstleistungen und Lieferungen zum Gegenstand, welche im freien Wettbewerb angeboten werden und somit austauschbar bzw. vergleichbar sind.
Die von der Stadt Olten eingekaufte Dienstleistung der offenen Jugendarbeit ist kein Standardprodukt, dessen Eigenschaften in einem Kriterienkatalog ausgeschrieben werden kann. Vielmehr geht es um die Entwicklung eines Teilbereichs der Jugendförderung, welcher auf unterschiedlichste Arten erfolgen kann. In den vorab erwähnten Leitlinien und Schwerpunkten der Kinder-, Jugend- und Familienförderung der Stadt Olten werden lediglich strategische Ziele vorgegeben, welche von den Anbietern zu verfolgen sind. Messbar ist der Erfolg der Zielerreichung, wenn überhaupt, dann nur sehr schwer. Insofern eignet sich diese Dienstleistung nicht, nach den Regeln des Gesetzes über die öffentliche Beschaffung (Submissionsgesetz; SuG; BGS 721.54) ausgeschrieben zu werden, weshalb in § 15 Abs. 2 Buchst. h) SuG die Auftragsvergabe zu Forschungs-, Versuchs-, Studien- oder Entwicklungszwecken von den starren Regeln des offenen- oder Einladungsverfahren ausgenommen ist und dem frei-händigen Verfahren unterstellt wird.
Um dennoch eine gewisse Vergleichbarkeit zu schaffen und die vorhandenen Angebote kennen zu lernen, wurde mit verschiedenen Anbietern Kontakt aufgenommen.
Die einleitend erwähnten Gespräche zum Jugendbüro und zur Jugendkultur mit der Zielrichtung, lokale Anbieter zu berücksichtigen, konnten nicht zum Abschluss geführt werden. Für beide – den Verein Robi für das Jugendbüro und die Schützi für die Jugendkultur - hätte die Übernahme der neuen Aufgaben eine nur schwer leistbare Erweiterung der jeweiligen Kern-kompetenzen bedeutet und wäre wesentlich teurer geworden als die nun vorliegende Lösung.
Konzeptvorschläge und Offerten für beide Bereiche gingen dann auf Anfrage der Direktion Bildung und Sport durch das Traffic Team Büsserach und den Verein VJF Kinder- und Jugendförderung, Wohlen, ein. Mit beiden Anbietern führte die Direktion Informations- und Bereinigungsgespräche durch.
Als einzige valable, inhaltlich und fachlich sehr gute Lösung schälte sich die Offerte des VJF Wohlen heraus. Der VJF führt in über 30 Städten und Gemeinden in den Kantonen Solothurn, Aargau und Zürich Mandate der Offenen Jugendarbeit. Die Referenzauskünfte bestätigten den Eindruck eines kompetenten, engagierten und leistungsfähigen Partners. Besonders überzeugend ist die genaue Passung auf die Anforderungen für die neue Oltner Jugendarbeit, die den Interessenten vorgelegt wurden und die sich am Grundlagenbericht KJFF und der Antwort auf die Motion der SP vom 28.09.2017 orientierten. Die VJF-Offerte nimmt diese Anforderungen sehr genau auf:
Zu Frage 2: Da es momentan keine Leistungsvereinbarung gibt, nach welchen Kriterien wurde der Auftrag vergeben?
Den beiden potenziellen Anbietern (wie übrigens auch den lokalen Partnern Robi und Schützi) lagen für ihre Offerten der Grundlagenbericht KJFF und die Beantwortung der Motion Fraktion SP / Junge SP betr. Jugendarbeit in Olten vor. Dazu legten beide Anbieter ihr Umsetzungskonzept vor. Diese unterschieden sich qualitativ erheblich.
Im inhaltlichen, fachlichen und konzeptionellen Vergleich der beiden Angebote legte der Ver-ein VJF ein deutlich überzeugenderes Umsetzungskonzept vor, das sich sehr genau an den spezifischen Anforderungen der neuen Oltner Jugendarbeit als Ergänzung des bestehenden vielfältigen Angebots orientierte.
Zu Frage 3: Da der Vertrag nur bis Ende Jahr gilt, wird es für den weiteren Betrieb eine öffentliche Ausschreibung geben?
Der Stadtrat ist überzeugt, dass mit dem VJF Wohlen ein kompetenter Anbieter für die beiden Bereiche Jugendbüro und Jugendkultur gewonnen werden konnte. Der Leistungsausweis ist überzeugend und die durch den VJF betriebene Jugendarbeit in Lostorf oder im Thal läuft einwandfrei.
Die beiden Bereiche Jugendkultur und Jugendbüro sollen auch auf der Basis einer neuen Leistungsvereinbarung ab 2019 durch den Verein VJF betrieben werden. Eine öffentliche Ausschreibung, wie oben beschrieben, ist nicht möglich und aufgrund des Entwicklungscharakters auch nicht notwendig. Es wäre möglich, mittels eines Wettbewerbs weitere Anbieter zu Projekteingaben zu motivieren. Dies wäre aber, nebst hohen Kosten, mit einem grossen zeitlichen Aufwand verbunden, welche es zu vermeiden gilt.