Inhalt
Kunstmuseum und Haus der Fotografie Tür an Tür
Die Liegenschaften an der Kirchgasse 8 und 10, die sich im Eigentum der Einwohnergemeinde Olten befinden, weisen bekanntlich einen dringenden Sanierungsbedarf auf. Zudem benötigt das Kunstmuseum Olten – als zweite Etappe der Erneuerung der städtischen Museen nach dem Haus der Museen – eine zeitgemässe Infrastruktur für Ausstellungen und Sammlung. Aus diesem Grund hatte das Gemeindeparlament am 24. September 2020 mit 37:0 Stimmen beschlossen, dass das Kunstmuseum mit einem damals definierten Raumprogramm in die Liegenschaft Kirchgasse 10 verlegt und beide Liegenschaften zweckmässig erneuert und ergänzt werden sollen. Nach Abschluss des Architekturwettbewerbs und einer Projektüberarbeitung wurde dem Gemeindeparlament im Juni 2022 für die Entwicklung der Liegenschaft Kirchgasse 8 als Wohn- und Geschäftshaus und für die Projektierung des neuen Kunstmuseums an der Kirchgasse 10 ein Verpflichtungskredit in der Höhe von 2,5 Mio. Franken beantragt. Das Gemeindeparlament stimmte diesem Verpflichtungskredit mit 25:11 Stimmen bei 2 Enthaltungen zu. Gegen diesen Entscheid wurde jedoch erfolgreich das Referendum ergriffen. Am 24. September 2022 wurde der Kredit an der Urnenabstimmung mit einem Neinstimmen-Anteil von 54% abgelehnt.
Nach der Ablehnung des Projektierungskredits lud der Stadtrat Ende November 2022 zu einem runden Tisch ein, um die Gründe für die Ablehnung des Projektierungskredits und mögliche Eckpfeiler für das weitere Vorgehen zu diskutieren. Anfang 2023 beschloss der Stadtrat, mit einer neuen Vorlage ans Gemeindeparlament zu gelangen. Und Ende Februar 2023 lud er die von ihm eingesetzte Begleitkommission Kirchgasse/Innenstadt zu einer ersten Sitzung ein. Themen waren unter anderem die gegenseitige Abhängigkeit der beiden Liegenschaften Kirchgasse 8 und 10, Möglichkeiten, die Kosten einer neuen Vorlage zu reduzieren, sowie mögliche Gelingensvoraussetzungen für eine neue Parlamentsvorlage.
Umfassende Überprüfungen
Für die Nutzung der städtischen Liegenschaften in der Innenstadt wurden – jeweils unter der Prämisse, dass das Kunstmuseum wie vom Gemeindeparlament bereits beschlossen an die Kirchgasse 10 verschoben wird – der Begleitkommission verschiedene Szenarien aufgezeigt. Ferner wurden ihr mehrere Varianten für den Umgang mit den beiden Liegenschaften an der Kirchgasse 8 und 10 präsentiert, von einem neuen Anlauf mit dem Wettbewerbsprojekt über eine Sanierung der beiden Gebäude im Bestand, das heisst ohne Erweiterung, und die Durchführung eines neuen Wettbewerbs bis hin zur Suche nach einem neuen Standort für das Kunstmuseum. In der Zwischenzeit wurden denn auch verschiedene «alternative» Standorte – vom Areal Bahnhof Nord über die Friedenskirche bis zum Kapuzinerkloster – für ein Kunstmuseum analysiert, das Raumprogramm und die Ausrichtung des Museums nochmals überprüft, ebenso die Frage von externen Lagern und einer unabhängigen Entwicklung der beiden Liegenschaften.
Das Fazit des Stadtrates: Es braucht dringend eine bauliche Sanierung der städtischen Liegenschaften Kirchgasse 8 und 10. Ebenso dringend muss die heute unter ungenügenden Bedingungen gelagerte Sammlung des Kunstmuseums mit rund 13'000 Werken geschützt werden. Der Standort des Kunstmuseums an der Kirchgasse ist aus Zeit- und Kostengründen, aufgrund der zur Verfügung stehenden Liegenschaften, aber auch wegen der Zentrumslage und der Einbindung des Kunstmuseums in die vorhandenen vielfältigen Angebote in der Innenstadt gesetzt. Geeignete externe Lager stehen lokal nicht zu Verfügung und würden zu erheblichem wiederkehrendem Mehraufwand in Sachen Handling und zu Gefährdungen des Kulturgutes führen, die durch einmalige Einsparungen auf Investitionsseite nicht wettgemacht werden. Und: Das Siegerprojekt aus dem Architekturwettbewerb ermöglicht massgebliche Erweiterungen um geeignete Flächen an der Kirchgasse 10 für das Kunstmuseum und dessen Sammlung im Depotbereich sowie an der Kirchgasse 8 für eine neue Nutzung.
Haus der Fotografie meldete Interesse an
Mitte September 2023 haben die Verantwortlichen des Hauses der Fotografie ihr Interesse am Standort Kirchgasse 8 geäussert. In der Zwischenzeit haben sie zusammen mit der Einwohnergemeinde eine Absichtserklärung unterzeichnet, dass sie die Geschosse EG, 1. OG, 2. OG und einen noch zu bestimmenden Teil des UG an der Kirchgasse 8 im Mietverhältnis für das Haus der Fotografie mit Gastronomie zu übernehmen wünschen. Im Gegenzug zum verrechneten Mietbetrag beabsichtigt die Einwohnergemeinde während der Dauer des Mietverhältnisses einen Kulturbeitrag in der Höhe des Mietzinses für die erwähnten Räumlichkeiten zu gewähren. Die Nebenkosten werden verursachergerecht abgerechnet.
Eine Investition in die Kirchgasse 8 würde zu einer Aufwertung der auf einen geringen Restbuchwert abgeschriebenen Liegenschaft führen; das Finanzvermögen würde um den investierten Wert ansteigen. Die Finanzkennzahlen der Stadt Olten – insbesondere die Pro-Kopf-Verschuldung und der Nettoverschuldungsquotient – würden somit nicht beeinflusst. Die Investition müsste auch nicht über die laufende Rechnung amortisiert werden.
Der Stadtrat beantragt dem Gemeindeparlament – passend zum Ausstellungsmotto 2024 des Kunstmuseums «Ensemble, c’est tout» – die Genehmigung eines Projektierungskredits für das gesamte Vorhaben Kirchgasse 8 und 10 mit dem Ziel der Aufnahme des Hauses der Fotografie in die Liegenschaft Kirchgasse 8. Aus Sicht des Stadtrates hat diese Variante grosses Potenzial für die Vermarktung des Standortes Olten; umgekehrt könnte eine Variante ohne Haus der Fotografie dessen Zukunftschancen sowie diejenigen des IPFO wesentlich schmälern. Die Zusammenführung der beiden Bibliotheken an der Kirchgasse 8, welche der Stadtrat als Variante ebenfalls ausführlich geprüft hat, wäre aus betrieblicher und Nutzenden-Sicht sicher von Vorteil; ihre bestehende Infrastruktur ist jedoch in einem zufriedenstellenden Zustand und wird – gerade auch was die Jugendbibliothek betrifft – von den Nutzenden geschätzt. Die Variante mit dem Haus der Fotografie schafft zudem an der Kirchgasse 8 offene Räumlichkeiten, die bei einem allfälligen späteren Auszug des Hauses der Fotografie auch von den Bibliotheken genutzt werden könnten.
Kosten inklusive Umgebung und Bauteuerung
Die überarbeiteten Investitionskosten für die Liegenschaft Kirchgasse 10 werden nun auf 16,2 Mio. Franken geschätzt, diejenigen für die Kirchgasse 8 auf 9.3 Mio. Franken. Im Vergleich zu den Kostenschätzungen der Vorlage vom September 2022 (Kirchgasse 10/KMO CHF 13,7 Mio. und Kirchgasse 8/Wohn- und Geschäftshaus CHF 9,1 Mio.) gilt es festzuhalten, dass in den aktuellen Kosten zusätzlich rund 750'000 Franken an Umgebungskosten für die Umgestaltung des Platzes der Begegnung inkl. Spielplatz ausserhalb des Wettbewerbsperimeters enthalten sind. Damit soll aufgezeigt werden, dass das Bauvorhaben nicht auf Kosten der Umgebung geht, sondern diese in das Vorhaben einbezogen wird. Zudem ist es in der Zwischenzeit zu einer Bauteuerung von beinahe 10% gekommen. Diese hätte sich im Übrigen bis zur Realisierung auch eingestellt, wenn der Projektierungskredit schon im September 2022 bewilligt worden wäre. Die Kosten für die Liegenschaft Kirchgasse 8 dürften sich aber im Zuge der weiteren Projektierung noch reduzieren, da die dem Haus der Fotografie vermieteten Räume lediglich im Edelrohbau erstellt werden müssen: Die Kosten für den Endausbau in seinen Räumen – im Erdgeschoss sind dabei ein Gastrobetrieb und der Empfang geplant, im 1. und 2. Obergeschoss Ausstellungsräume und ein Auditorium – sind ebenso durch das Haus der Fotografie zu tragen wie die eigenen Betriebskosten. Die Einwohnergemeinde verrechnet dem Haus der Fotografie einen Marktzins, wie dies bei Liegenschaften im Finanzvermögen Voraussetzung ist; Berechnungen der städtischen Liegenschaftenverwaltung gehen von einem Zins von rund 250'000 Franken pro Jahr aus. Im Gegenzug beabsichtigt die Einwohnergemeinde einen jährlichen Kulturbeitrag in der gleichen Höhe an das Haus der Fotografie als Gelingensvoraussetzung für das gemeinsame Projekt zu gewähren. Für die vier geplanten Wohnungen an der Kirchgasse 8 wird von einem Mieteinnahmenpotenzial von rund 100'000 Franken pro Jahr ausgegangen.
Für das neue Kunstmuseum an der Kirchgasse 10 wurden der Einwohnergemeinde bereits Beiträge in der Höhe von 3 Mio. Franken von privaten Geldgebern zugesichert. Weitere 2 Mio. Franken werden von Stiftungen, dem Swisslos Fonds und der kantonalen Denkmalpflege erwartet. Entsprechende Gespräche haben bereits stattgefunden, bei denen eine wohlwollende Prüfung der Gesuche für eine finanzielle Unterstützung sowohl der Investition wie auch des Betriebs des neuen Kunstmuseums – insbesondere für die Sammlungsbetreuung – in Aussicht gestellt wurde. Konkrete Zusicherungen sind hier aber aufgrund der rechtlichen Grundlagen von Stiftungen und Swisslos Fonds erst nach Vorliegen des ausgearbeiteten Bauprojekts möglich.
Antrag auf Kredit von rund 2 Mio.
Die Projektierungskosten werden neu auf 2,3 Mio. Franken veranschlagt (Vorlage vom September 2022: 2.5 Mio. Franken). Davon können 250'000 Franken aufgrund einer im August 2023 angefallenen Erbschaft an das Kunstmuseum Olten abgezogen werden, so dass sich der dem Parlament beantragte Betrag auf 2,05 Mio. Franken reduziert. Der Parlamentsbeschluss untersteht dem fakultativen Referendum. Bei dessen Rechtskraft ist eine rund einjährige Projektierungsphase vorgesehen, so dass dem Stimmvolk im Sommer 2025 der Baukredit unterbreitet werden soll. Nach Bewilligungsverfahren und Ausschreibung soll ein Jahr später, im Sommer 2026, die Realisierung gestartet werden, so dass im Frühling 2028 mit der Wiedereröffnung des Kunstmuseums und des Hauses der Fotografie gerechnet werden kann.
Bei einer Ablehnung der Vorlage verbessert sich die Situation hinsichtlich des dringenden Handlungsbedarfes nicht: Die zwei stark sanierungsbedürftigen Liegenschaften mit hohem Investitionsbedarf und fehlenden Entwicklungsmöglichkeiten bleiben bestehen und können damit das Potenzial für eine positive Entwicklung der Kirchgasse und damit der Innenstadt nicht ausschöpfen. Und die Zukunft der beiden Kulturinstitutionen Kunstmuseum und Haus der Fotografie würde im Ungewissen bleiben.