Am 18. Mai 2017 haben Raphael Schär (Grüne) und Mitunterzeichnende folgenden Vorstoss eingereicht:
«Der Stadtrat wird eingeladen zu prüfen, wie in Olten der Anteil an gemeinnützigem Wohnraum erhöht werden kann. Im Speziellen ist zu prüfen, ob im Gestaltungsplan für Olten SüdWest ein Mindestprozentsatz von z.B. 30% verankert werden kann. Im Sinne der Durchmischung sollte dieser auf mehrere Baufelder aufgeteilt werden.
Begründung:
Der Vorschlag entspricht z.B. in der Stadt Zürich einem Volksauftrag, welcher 2011 mit 76 Prozent Ja-Stimmen angenommen wurde und wiederspiegelt den Wunsch nach einer guten sozialen Durchmischung. In Olten ist zurzeit mit der Entwicklung von Olten SüdWest ein grosses Potential vorhanden, um den Anteil an gemeinnützigem Wohnraum zu erhöhen. Diese Chance muss jetzt angepackt werden.
Als gemeinnützig gelten diejenigen Wohnbauträger,
- deren Statuen eine entsprechende Zweckbestimmung enthalten,
- die das Prinzip der Kostenmiete anwenden,
- die keinen oder einen nach oben begrenzten Zins für das Anteilkapital ausrichten,
- deren allfälliger Liquidationserlös wieder für den gleichen Zweck (gemeinnütziger Wohnungsbau) verwendet werden muss.
Kostenmiete heisst:
- Die Mietzinse sind kostendeckend (Selbstkostenprinzip)
- Es werden im freitragenden Wohnungsangebot keine Steuermittel beansprucht
- hinsichtlich Investitions- und Kapitalkosten, Abschreibungen und Erneuerungs-Rückstellungen gelten die Grundsätze der Wohnbauförderung für gemeinnützige Bauträger.*
- Die Bewirtschaftung erfolgt ohne spekulativen Druck auf den Wohnungsbestand der Liegenschaftenverwaltung
- Die Wohnungen werden in der Regel zu 20 bis 30 Prozent günstigeren Mietzinsen als auf dem privaten Wohnungsmarkt angeboten.
- Die Anwendung der Kostenmiete steht im Dienst einer guten sozialen Durchmischung auch in begehrten Wohnquartieren wie der Altstadt.»
* Ein kostendeckender Mietzins setzt sich zum Beispiel in der Stadt Zürich nach kantonalen Vorschriften für den gemeinnützigen Wohnungsbau wie folgt zusammen: Anlagewert x hypothekarischer Referenzzinssatz + Bewirtschaftungsquote von in der Regel 3.25% des Gebäudeversicherungswerts.
Quelle für die Definition von gemeinnützigem Wohnraum und der Kostenmiete:
https://www.stadt-zuerich.ch/fd/de/index/liegenschaftenverwaltung/Wohnungsbau.html
* * *
Im Namen des Stadtrates beantwortet Stadtpräsident Martin Wey den Vorstoss wie folgt:
Gemäss dem im Postulat erwähnten Volksauftrag von 2011 soll der Anteil an gemeinnützigen Wohnungen in der Stadt Zürich bis 2050 auf einen Drittel erhöht werden. In seinem «Programm Wohnen» von 2012 hat der Zürcher Stadtrat die erforderlichen Ziele und Massnahmen definiert. Er berichtet alle vier Jahre über die Zielerreichung und aktualisiert sein «Programm Wohnen» für die nachfolgenden Legislaturen. Gemäss Bericht vom 24. Mai 2016 sind die Anzahl und der Anteil gemeinnütziger Wohnungen in Zürich von Ende 2011 bis Ende 2015 um 2400 Wohnungen respektive 0,5 % gestiegen. Die Entwicklung lag damit nahe am verlangten Wachstumspfad. Ermöglicht wurde dies durch eine aktive und investive Bodenpolitik mit konsequenter Vergabe von Baurechten an Genossenschaften, Verankerung der Kostenmiete für sämtliche kommunalen Wohnungen, kommunalem Wohnungsbau und strategischen Landkäufen. Der insgesamt hohe Anteil an gemeinnützigen Wohnungen geht auf das Jahr 1907 zurück, wo eine neue Gemeindeordnung in Kraft trat, die der Stadt Zürich den Auftrag gab «die Erstellung gesunder und billiger Wohnungen zu fördern», und zur Bekämpfung der Wohnungsnot grosse Siedlungsprojekte in Angriff genommen wurden.
Die Forderung nach preisgünstigem oder gemeinnützigem Wohnungsbau (die Definitionen sind nicht einheitlich) ist auch in anderen Städten und Gemeinden zum Thema geworden. Im Februar 2017 sagten die Stimmberechtigten von Köniz Ja zu einer Vorschrift, wonach Grossprojekte im städtischen Umfeld künftig 20 bis 40 % der Wohnungen im preisgünstigen Segment anbieten müssen. Eine im Jahr 2014 von den Stadtbernern angenommene, noch weitergehende Initiative steckt bis heute beim Kanton fest, weil die Hauseigentümer eine pauschale Pflicht zum preisgünstigen Wohnungsbau als unzulässigen Eingriff ins private Eigentum taxieren. Eine Übersicht und methodische Hilfen bieten die Berichte «Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus» (VLP-ASPAN, Raum & Umwelt Nr. 1/10) und «Preisgünstiger Wohnraum, Ein Baukasten für Städte und Gemeinden» (BWO, 11.2013).
Für die Gemeinden kann es verschiedene Gründe geben, den preisgünstigen Wohnraum zu fördern. Im Zentrum steht generell die Sicherung einer ausgewogenen oder stabilen sozialen Durchmischung an Orten mit hohem Preisdruck und Verdrängungsmechanismen auf wirtschaftlich oder sozial benachteiligte Gruppen. Nicht allein die Zentren Genf, Lausanne, Basel und Zürich sind mit den Auswirkungen steigender Wohnungspreise konfrontiert. So haben beispielsweise die Gemeinden Küsnacht, Rüschlikon, Meggen, Zug oder Ftan entsprechende Initiativen oder Massnahmen ergriffen.
Das Mietpreisniveau in der Stadt Olten ist nicht überdurchschnittlich hoch oder ansteigend. Die Anteile an Familien und einkommensschwachen Bevölkerungsteilen geben keinen Anlass zur Sorge. In den verbleibenden baureifen Entwicklungsgebieten ist angesichts der steigenden Bedeutung des Geschosswohnungsbaus und anhaltenden Trend zu kleineren Haushalten mit insgesamt knapp durchschnittlichen Wohnungssegmenten zu rechnen. In der Wohnpolitik des Stadtrates (Bericht vom Mai 2013) wurden denn auch andere Zielgruppen identifiziert: Wegpendler, neue Erwerbstätige, Erhalt des Anteils an Familien und der älteren Generation, Babyboomer, Studierende. Empfohlen wurde eine aktivere Bodenpolitik. Die Förderung des preisgünstigen Wohnungsbaus ist im Fachbericht kein Thema.
Wie die Erfahrungen aus praktizierenden Städten und Gemeinden zeigen, sind grosse Anstrengungen und eine breite Massnahmenpalette nötig, um längerfristig echte Wirkung zu erzielen. Im erwähnten BWO-Bericht werden 10 Bausteine auf den Ebenen Lenken (Anreize auf Gesetzes- und Nutzungsplanebene), Finanzieren (kommunaler Wohnungsbau, Vergabe von Baurechten, Subventionieren etc.) und Kommunizieren (verhandeln, beraten) unterschieden. Die nötigen Bedingungen sind in Olten überwiegend nicht gegeben. Es fehlen der definierte politische Wille und insbesondere das Liegenschaftenportfolio und das Kapital für eine aktive Bodenpolitik.
Festgehalten werden kann ferner, dass in der Stadt Olten aktuell sieben Wohnbaugenossenschaften vertreten sind: die Genossenschaften Dreitannen, Flügelrad und Sälihof, die Eisenbahner Baugenossenschaft, die Eisenbahnerbaugenossenschaft Kienburg - Olten, die Genossenschaft Olten und Umgebung und die Soziale Wohnbauaktion Olten. Am Aufbau einer Baugenossenschaft ist weiterhin der am 9. Dezember 2015 gegründete Verein Olten im Wandel interessiert.
Für das Entwicklungsgebiet Olten SüdWest ist die Gewährleistung einer guten sozialräumlichen Durchmischung, Vielfalt und Lebendigkeit des Quartiers als Ziel im Masterplan formuliert. Vielfältige Eigentumsformen, Wohnangebote und Wohnmodelle tragen dazu bei. Genossenschafter sind Miteigentümer. Eigentum stärkt die Identifikation und Sesshaftigkeit der Bevölkerung und ihre Teilnahme am Quartierleben. Die Selbstorganisation im Quartier wird beispielsweise auch durch generationenübergreifende Wohnmodelle gestärkt, die nicht zwingend auf dem Modell der Kostenmiete basieren müssen.
Die Phase Nutzungsplanung für Olten SüdWest ist in Arbeit. Die konkreten Themen wurden mit dem Eigentümer verschiedentlich diskutiert. Fakt ist, dass das Eigentum und die Investitionen für den Wohnungsbau in einer Hand liegen und dass der Eigentümer den preisgünstigen Wohnungsbau für sich selber in Anspruch nimmt respektive eine direkte Konkurrenzierung seiner Wohnangebote und Investitionen vermeiden möchte. Für die Vergabe von Wohnbauland an Dritte zeigt der Investor generell wenig Interesse. Der Stadtrat wird die Gespräche im Rahmen der kooperativen Planung weiterführen.
Der Stadtrat empfiehlt dem Gemeindeparlament, das Postulat erheblich zu erklären.