Am 26. November 2015 haben Renata Pfeiler-Häfeli und Huguette Meyer Derungs (Fraktion SP/Junge SP) und Mitunterzeichnende folgenden Vorstoss zuhanden des Gemeindeparlamentes eingereicht:
„Seit die revidierte Arbeitslosenversicherung im April 2011 in Kraft getreten ist, fallen immer mehr Jugendliche in die Sozialhilfe. Diese hätten eigentlich noch ein langes Arbeitsleben vor sich. Darum ist es wichtig, geeignete Massnahmen anzubieten, damit diese in die Arbeitswelt integriert werden können. Gelingt dies, können grosse Sozialhilfekosten und zahlreiche gesellschaftliche Schicksale vermieden werden.
Unter den arbeitslosen Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 15 bis 25 Jahren gibt es – neben einzelnen schwer integrierbaren – drei Gruppen, welche mit entsprechender Unterstützung im Arbeitsmarkt durchaus eine Chance haben: Zum einen sind es diejenigen, die schwache schulische Leistungen erbringen, praktisch aber begabt sind, und die durchaus in der Lage und gewillt sind, zu arbeiten; zum anderen sind es diejenigen, die ein auffälliges Sozialverhalten zeigen, aber durchaus fähig wären, in die Berufswelt einzusteigen. Die letzte kleine Gruppe sind Schulabgänger, welche zwar eine Lehrstelle gefunden haben, aber dies erst Ende Sommer und für das kommende Jahr. Der Wiedereinstieg in die schulische Berufslehre kann da zu Schwierigkeiten führen.
Weil es auch in unserer Stadt arbeitslose Jugendliche gibt, bitten wir den Stadtrat um die Beantwortung der folgenden Fragen:
1. Wie viele Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 15 und 25 beziehen in Olten Sozialhilfe? Wie viele davon sind Männer und wie viele Frauen?
2. Wie viele davon sind arbeitslos und wie viele erhalten Zuschüsse, weil sie ein ungenügendes Einkommen erzielen? (Eingeschlossen diejenigen, die im Sozialhilfebudget der Familie integriert sind.)
3. Über welche Schulabschlüsse und beruflichen Grundbildungen verfügen die jungen SozialhilfebezügerInnen?
4. Welche speziellen Massnahmen gibt es, um die jungen Erwachsenen in den Arbeitsmarkt zu integrieren? Wie viele erhalten z.B. ein gezieltes Coaching?
5. Gibt es Jugendliche und junge Erwachsene, die nicht in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden können, aber auch nicht Anspruch auf IV-Leistungen haben? Was sind die Gründe dafür?
6. Wie viele können tatsächlich aus den Massnahmen entlassen werden? In welchem Zeitraum ist es gelungen, diese in den Arbeitsmarkt zu vermitteln?
7. Berücksichtigt die Stadt Olten bei der Neubesetzung von Stellen auch arbeitsfähige SozialhilfebezügerInnen?
8. Kindern von Eltern welche Sozialhilfe beziehen sind dem Risiko ausgesetzt, als junge Erwachsene selber Sozialhilfeempfänger zu werden. Welche Massnahmen trifft hier die Stadt Olten um der erwiesenen Problematik entgegenzuwirken?
9. Welche Angebote gibt es für jugendliche Schulabgänger, welche erst für das kommende Jahr eine Lehrstelle haben?“
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Stadtrat Peter Schafer beantwortet die Interpellation im Namen des Stadtrates wie folgt:
Der Stadtrat bedankt sich für die interessanten Fragestellungen zu diesem wichtigen Thema. Die berufliche Integration Jugendlicher und junger Erwachsener ist sowohl für die Bildungsdirektion als auch für die Sozialdirektion eine der Hauptzielsetzungen. Die gestellten Fragen werden im Folgenden beantwortet:
1. Wie viele Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 15 und 25 beziehen in Olten Sozialhilfe? Wie viele davon sind Männer und wie viele Frauen?
Die Zahlen ändern sich täglich durch Ablösungen und Neuanmeldungen. Per Ende 2015 bezogen 69 Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 15 und 25 in Olten Sozialhilfeleistungen. Davon waren 24 Männer und 45 Frauen. Zudem waren 48 Personen in derselben Altersgruppe Angehörige von Sozialhilfebeziehenden (in der Regel Kinder von Eltern, die SH-Leistungen beziehen und im selben Haushalt leben). Davon waren 20 Männer und 28 Frauen. Somit bezogen Ende 2015 gesamthaft 117 Personen zwischen 15 und 25 Sozialhilfeleistungen.
Das Einkommen von jungen Erwachsenen in einer Berufslehre, die bei ihren Sozialhilfe beziehenden Eltern leben, wird im Sozialhilfebudget des Haushaltes angerechnet. Daher gibt es verschiedene Varianten, in denen junge Erwachsene von der Sozialhilfe tangiert werden. Für unter 18-jährige Personen werden keine separaten Sozialhilfedossiers geführt. Da Sozialhilfeleistungen subsidiär sind, ist hier die elterliche Unterstützungspflicht vorrangig. Beziehen die Eltern Sozialhilfeleistungen, werden Personen bis zur Volljährigkeit im Sozialhilfebudget der Eltern aufgeführt. Die einzige Ausnahme entsteht durch die KESB verfügten Platzierungen in stationäre Einrichtungen. Im Falle einer Platzierung wird ein Dossier auf die platzierte Person eröffnet und die Platzierungskosten werden auf diese Person abgerechnet. In diesen Fällen entstehen hohe monatliche Kosten pro Dossier. Ab Volljährigkeit werden für junge Erwachsene, die sich weder in einer Berufslehre befinden noch eine Schule besuchen und vollumfänglich auf Sozialhilfe angewiesen sind, separate Sozialhilfedossiers geführt.
2. Wie viele davon sind arbeitslos und wie viele erhalten Zuschüsse, weil sie ein ungenügendes Einkommen erzielen? (Eingeschlossen diejenigen, die im Sozialhilfebudget der Familie integriert sind.)
Ende 2015 erhielten ca. 30% dieser Jugendlichen und jungen Erwachsenen Zuschüsse, weil sie ein ungenügendes Einkommen erzielten. Die anderen ca. 70% lassen sich wie folgt unterteilen (gerundete Werte):
- 10% junge alleinerziehende Mütter oder Schwangere
- 20% Bevorschussungen von Drittleistungen wie Arbeitslosentaggelder, IV/EL-Leistungen oder laufende IV-Abklärungen
- 20% in Arbeitsintegrationsprogrammen / Praktika
- 15% schulpflichtig und im Haushalt der Eltern lebend
- 5% Platzierungen
3. Über welche Schulabschlüsse und beruflichen Grundbildungen verfügen die jungen SozialhilfebezügerInnen?
Viele der jungen Sozialhilfebeziehenden verfügen zwar über einen Abschluss der obligatorischen Schulpflicht (Sek B, E, K und auch Sek P) aber über (noch) kein EFZ (eidgenössisches Fähigkeitszeugnis), weil sie auf Lehrstellensuche sind, bereits einen Lehrabbruch hinter sich haben oder in wenigen Fällen vom Gymnasium abgegangen sind. Ein geringerer Anteil der jungen Sozialhilfebeziehenden verfügt über einen Lehrabschluss in verschiedensten Branchen wie im Detailhandel, Büro-/KV-Bereich, IT-Branche, Handwerk, Mechanik oder Coiffeur-/Kosmetik.
4. Welche speziellen Massnahmen gibt es, um die jungen Erwachsenen in den Arbeitsmarkt zu integrieren? Wie viele erhalten z.B. ein gezieltes Coaching?
Der Verein Solothurnischer Einwohnergemeinden VSEG hat auch im 2016 eine Plafonierung der Arbeits-Integrations-Programm-Kosten beschlossen. Im Unterschied zum Jahr 2015 kommt hinzu, dass das verfügbare Budget zu 70% auf Gemeindewerke (Oltech, Netzwerk, Regiomech, etc.) und zu 30% auf private Anbieter verteilt werden muss.
In der Sozialregion gilt - trotz dieser Einschränkung - in Absprache mit der Sozialkommission der Grundsatz, dass alle jungen Erwachsenen wenn möglich und sinnvoll bei einem Coaching oder Arbeitsintegrationsprogramm angemeldet werden müssen. Die Programme sind spezifisch auf junge Erwachsene ausgerichtet und beinhalten alle ein Coaching. Einzig die Anzahl Coaching-Stunden variiert pro Anbieter. Aufgrund der beschlossenen Zuweisungsquote von 70:30 (70% in die Gemeindewerke, 30% für weitere Programme) muss gezieltes Coaching eher ab- anstatt aufgebaut werden. Bewährte Coaching- und Vermittlungsarbeit bei der SOVE oder dem Visio Coaching kann nicht mehr im gleichen Mass genutzt werden wie vor der Plafonierung. Die Gemeindewerke bieten ebenfalls Coaching an, sind aber - im Unterschied zu Anbietern wie SOVE und Visio Coaching - noch stärker an der Bereitstellung einer Tagesstruktur in ihren Betrieben orientiert, während SOVE und Visio Coaching vornehmlich Bewerbungs- und Integrationscoachings vornehmen.
5. Gibt es Jugendliche und junge Erwachsene, die nicht in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden können, aber auch nicht Anspruch auf IV-Leistungen haben? Was sind die Gründe dafür?
Mögliche Gründe hierfür sind u.a.
- Suchtmittelabhängigkeit
- Episoden psychischer Erkrankung ohne Anspruch auf Leistungen der IV
- alleinerziehende junge Erwachsene mit wenig Unterstützung aus ihrem sozialen Umfeld
- pathologische Verweigerungshaltungen mit – als Folge – wiederholten Abrüchen von Arbeitsintegrationsversuchen
- fehlendes Wissen und Handwerk, um überhaupt ein Bewerbungsverfahren zu bestehen
- geringe Frustrationstoleranz gepaart mit fehlendem Durchhaltevermögen und fehlender Reflexionsfähigkeit.
Da die Jugendlichen und jungen Erwachsenen noch in einer ausgeprägten Entwicklungsphase stecken, sind die letzteren Gründe oftmals nur zeitlich befristet. Es kommt regelmässig vor, dass der „Knopf“ doch noch aufgeht, sich die Grundhaltung ändert und der Einstieg in den Arbeitsmarkt geschafft wird, was ein Jahr zuvor noch unvorstellbar gewesen wäre. Langfristige Schwierigkeiten bestehen vor allem bei Personen, die Suchtmittel missbrauchen, an psychischen Erkrankungen leiden oder keine Ausbildung und zudem Anpassungsschwierigkeiten haben. Personen ohne Ausbildungen finden oftmals temporär befristete Arbeitsstellen, weisen aber je älter sie werden desto mehr Probleme auf, eine langfristige Anstellung zu finden.
6. Wie viele können tatsächlich aus den Massnahmen entlassen werden? In welchem Zeitraum ist es gelungen, diese in den Arbeitsmarkt zu vermitteln?
Dies ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig. Visio Coaching hat generell eine Ablösungsquote von gut 70% innerhalb von 4 – 5 Monaten. Dieses Coaching ist allerdings in erster Linie für Personen geeignet, die ein gezieltes Bewerbungscoaching benötigen, vermittelbar sind und keine Suchtproblematik aufweisen. Das Qualifizierungsprogramm der Oltech weist eine Vermittlungsquote von 50-60% auf und ist seit 2016 auf 6 Monate befristet. Beschäftigungsprogramme hingegen weisen eine deutlich geringere Vermittlungsquote auf. Sie haben oftmals zum Ziel, der Klientel eine Tagesstruktur zu bieten oder ihr Grundregeln wie Zuverlässigkeit oder Pünktlichkeit näher zu bringen. Jugendliche und junge Erwachsene werden nur in Ausnahmefällen bei Beschäftigungsprogrammen angemeldet. Grundsätzlich nehmen sie an den für ihre Altersgruppe spezifischen Programmangeboten teil. In der Zeitspanne von 2009 – 2015 lag die Ablösungsquote Junger Erwachsener (18 – 25-jähriger) während der ersten 6 Unterstützungsmonate bei knapp 30%. Während der ersten 12 Unterstützungsmonate lag die Ablösungsquote bei gut 50% und innerhalb von 24 Unterstützungsmonaten lag die Ablösungsquote bei knapp 75%. Ca. 8% sind aus den bereits erwähnten Gründen länger als 5 Jahre von Sozialhilfeleistungen abhängig. Gründe für die Ablösungen müssen jedoch nicht ausschliesslich Massnahmen sein. Wie unter Frage 2 vermerkt kann es sich auch um andere Gründe handeln.
7. Berücksichtigt die Stadt Olten bei der Neubesetzung von Stellen auch arbeitsfähige SozialhilfebezügerInnen?
Die Stadt Olten hat kein spezielles Rekrutierungs- und Förderungsprogramm zur beruflichen Integration als Angestellte der Stadt Olten. Die städtischen Stellen werden grundsätzlich ausgeschrieben. Es wird im Rahmen der Rekrutierung die bestmögliche Bewerbung berücksichtigt. Arbeitsfähige Sozialhilfebezügerinnen haben im Rahmen des Beratungsprozesses beim Sozialamt Arbeitsbemühungen und Bewerbungen nachzuweisen. Bei Bedarf wird ihnen geholfen. Sie werden nach Möglichkeit in Integrations-, Qualifikations- und Beschäftigungsprogramme zugewiesen. Der Zuweisung sind dadurch Schranken gesetzt, dass das Amt für soziale Sicherheit und der VSEG eine Kontingentierung solcher mit Kosten verbundenen Zuweisungen eingeführt haben. Diese führt dazu, dass weniger Personen zugewiesen werden können. In erster Linie werden künftig Personen zugewiesen, die gute Chancen auf eine berufliche Integration haben.
8. Kindern von Eltern, welche Sozialhilfe beziehen, sind dem Risiko ausgesetzt, als junge Erwachsene selber Sozialhilfeempfänger zu werden. Welche Massnahmen trifft hier die Stadt Olten um der erwiesenen Problematik entgegenzuwirken?
Seit seinem Start im Kanton Solothurn im August 2008 beteiligt sich die Stadt Olten am Programm schritt:weise, einem Präventionsprogramm für sozial benachteiligte Familien mit kleinen Kindern (1 ½ bis 3 ½ Jahre alt). Schritt:weise ist ein schweizweites Projekt, das unter anderem auch durch die Roger Federer Stiftung unterstützt wird. Ziel des Projektes ist es, die Erziehungskompetenzen der Eltern zu stärken und sie mit den bereits bestehenden Angeboten in der Gemeinde zu vernetzen. Dadurch soll die Chancengerechtigkeit sozial benachteiligter Kinder vor dem Kindergarteneintritt gefördert und den Kindern eine erfolgreiche Kindergarten- und Schulzeit ermöglicht werden. Das Programm wird vom Kanton Solothurn (Amt für soziale Sicherheit) und den teilnehmenden Gemeinden finanziert und im Kanton Solothurn von der Stiftung Arkadis durchgeführt. Zurzeit läuft der vierte Durchgang, der noch bis im Herbst 2016 dauert. Pro Durchgang nehmen in Olten 10 Familien teil, seit Beginn haben insgesamt 40 Oltner Familien teilgenommen. Schritt:weise setzt vorbeugend in sozial benachteiligten Familien an. Die Familien nehmen während 18 Monaten an schritt:weise teil (= ein Programmdurchlauf). In der ersten Phase des Programms werden die Eltern wöchentlich von einer Hausbesucherin angeleitet, wie sie ihr Kind im gewohnten Umfeld fördern können. Der Familie werden dabei pädagogisch wichtige Spielmaterialien zur Verfügung gestellt und der altersgerechte Umgang mit dem Kind vorgelebt. Regelmässig finden auch Gruppentreffen statt, welche den Familien Gelegenheit bieten Erfahrungen auszutauschen, neue Kontakte zu knüpfen und die Umgebung kennenzulernen. In der zweiten Phase des Durchgangs finden die Hausbesuche nur noch alle zwei Wochen statt, was der Familie ermöglicht Selbstsicherheit im gezielten Fördern des Kindes zu gewinnen und das Gelernte selbständig umzusetzen. Ziel ist, dass nach Abschluss des Programmdurchlaufes für alle Familien eine geeignete Anschlusslösung im Regelangebot der Gemeinden aufgegleist ist, zum Beispiel die Teilnahme des Kindes in einer Spielgruppe oder der Besuch eines Deutschkurses von Mutter und Kind.
Für Kinder, die in den Kindergarten eintreten, ist es zentral, dass sie die deutschsprechende Kindergärtnerin verstehen und sich selber auf Deutsch verständigen können. Ansonsten wird der Kindergartenstart sowohl für die Kinder als auch ihre Eltern zu einem stressvollen Erlebnis. Aus der Forschung ist zudem bekannt, dass fremdsprachige Kinder ohne Deutschkenntnisse zum Zeitpunkt des Kindergarteneintrittes ihren sprachlichen Rückstand bis zum Schuleintritt nicht aufholen können. Dadurch werden ihre Chancen auf eine erfolgreiche Kindergarten- und Schullaufbahn eingeschränkt. In Olten können fremdsprachige Kinder (und ihre Mütter) noch vor dem Kindergarteneintritt erste Deutschkenntnisse in folgenden zwei verschiedenen Kursangeboten erwerben:
Deutschkurse für Mutter und Kind (MuKi-Deutsch): Seit dem Jahr 2006 führt die Firma machbar GmbH im Auftrag der Stadt Olten sogenannte MuKi-Deutschkurse durch. Die Kurse werden durch den Kanton Solothurn, die Stadt Olten und einen Teilnehmerbetrag finanziert. Bei Sozialhilfebezügern wird der Teilnehmerbetrag von der Sozialhilfe übernommen. Gemeinsam mit ihrem Kind/ihren Kindern im Vorschulalter besucht die Mutter zweimal pro Woche den Deutschkurs, der von zwei Personen geleitet wird. Während die Mütter Deutsch für den Alltag lernen und wichtige Informationen über die Gemeinde, die Schule und das Schulsystem erhalten, lernen ihre Kinder unter Anleitung auf spielerische Weise Deutsch. Die Kurse dauern jeweils vier Monate und starten zweimal im Jahr (Februar und August).
Spezifische Sprachförderung im Rahmen der Kinderhüte der Deutschkurse “Lernen in der Gemeinde“ und „Alphabetisierung“ der Stiftung ECAP: Seit 2010 bildet in Olten (anders als in anderen Gemeinden) die spezifische Sprachförderung Deutsch für die Kinder einen festen Bestandteil der Kinderbetreuung der ECAP-Kurse. Während die Mütter den Deutschkurs besuchen, werden ihre Kinder (im Alter ab ca. 2 Jahren) in der in einem separaten Ort stattfindenden Kinderbetreuung mittels spezifischen Sprachfördersequenzen in Deutsch gefördert. Auch diese Kurse starten jeweils im Februar und August und dauern vier Monate. Die spezifische Sprachfrühförderung in der Kinderhüte wird von der Stadt Olten finanziert. Der Kurs wird durch den Kanton Solothurn, die Stadt Olten und einen Teilnehmerbeitrag finanziert. Im Falle des Sozialhilfebezuges wird der Teilnehmerbeitrag von der Sozialhilfe übernommen.
Ab dem Zeitpunkt der Einschulung stehen allen Kindern die Angebote der Bildungsdirektion zur Verfügung (vgl. Beilage: Bildungslandschaft). Aus der Sicht der Bildungsdirektion ist der Bildungserfolg von Kindern und Jugendlichen die beste Grundlage für die Teilhabe am wirtschaftlichen und sozialen Leben. Die Schule Olten erfüllt neben dem Bildungsauftrag auch einen Integrations- und Erziehungsauftrag. Der heutige Auftrag der Schule kann nur in dieser Gesamtheit gesehen werden. Gerade erzieherische Mängel führen zu Verhaltensauffälligkeiten oder beeinträchtigen den ungestörten Lernprozess von Schülerinnen und Schülern, deshalb kann sich die Schule diesem Auftrag nicht entziehen, auch wenn eigentlich die Eltern dafür zuständig wären. Darüberhinaus bildet die Schule die einzige Institution, die alle Kinder und Jugendlichen bei sich vereinigt, deshalb ist die soziale Integration aller Kinder und Jugendlicher eine wichtige Voraussetzung für den Bildungserfolg und damit einem reduzierten Risiko der Schülerinnen und Schüler, als junge Erwachsene Sozialhilfeempfänger zu werden. Das wichtigste Angebot ist in diesem Sinne der Regelbetrieb der integrativen Schule mit spezifischen Unterstützungsmassnahmen innerhalb der speziellen Förderung (Zusatzlektionen von Fachpersonen und Schulinsel) ab dem Kindergarten. Weitere zusätzliche Angebote sind der Unterstützungsunterricht Deutsch für Fremdsprachige zur Erlangung der sprachlichen Grundlagen, der Partnerunterricht am Kindergarten und der 1.-3. Klasse Primarschule: 2 Lehrpersonen ermöglichen den Unterricht in Halbklassen.
Die Angebote der schulergänzenden Betreuung (Horte, Mittagstische, Aufgabenhilfe, Lernbar) tragen zur Verbesserung der Betreuungssituation und damit auch zur Unterstützung von Schülerinnen und Schülern bei, die darauf angewiesen sind. Die gegenwärtige Situation wird durch die Direktion Bildung und Sport analysiert und nach Möglichkeit optimiert. Wichtig sind hier neben den schulergänzenden Angeboten auch diejenigen des informellen Bereichs: Jugend- und Kinderangebote (siehe Bildungslandschaft).
Einen besonderen Stellenwert hat in der reformierten Sek I die Berufswahl und damit die Anschlussfähigkeit zum Berufsbildungsbereich. Die Unterrichtsgefässe Berufsorientierung, erweiterte Erziehungsanliegen/Kommunikation und selbstgesteuertes Arbeiten sind die Elemente zum Aufbau der notwendigen Kompetenzen der Jugendlichen. Damit den Jugendlichen der berufliche Übergang gelingt, koordiniert die Sek I die verschiedenen Aufgaben und Möglichkeiten zur Unterstützung nach dem Motto: „Kein Abschluss ohne Anschluss.“ Das auf die Gegebenheiten der Schule Olten zugeschnittene Berufswahlkonzept der Sek I ergänzt die im Lehrplan definierten Unterrichtsgefässe. Im Berufswahlkonzept der Sek I werden die verschiedenen Angebote und Akteure aufeinander abgestimmt. Beteiligt sind: Die Klassenlehrperson, die Schulleitung, die Fachlehrpersonen Berufswahl, die Berufsberatung, der Case-Manager Berufsbildung, die Schulsozialarbeit und der Berufswahlcoach. Damit gelingt der Übergang im Allgemeinen gut und das Risiko, von der Sozialhilfe abhängig zu werden, wird erheblich reduziert. Über 90% der Schulabgänger schaffen den Einstieg. Die anderen sind identifiziert und werden bei Kooperation durch das Case-Management Berufsbildung weiter unterstützt. Neben vereinzelten privaten Lösungen erfolgt meistens die Anmeldung in das Programm „Step4“, ein Angebot der Arbeitslosenversicherung, in dem arbeitslose Jugendliche nach der obligatorischen Schulzeit und Erwachsene ohne Grundbildung fachlich und persönlich unterstützt und gefördert werden. Bei Sozialhilfebezug nach dem Zeitpunkt der Ausschulung setzen die Beratungs- und Zuweisungsprozesse des Sozialamtes ein (siehe Antworten zu Fragen 4 – 6).
Die Stadt Olten führt kein spezielles auf die soziale Vererbung von Armut ausgerichtetes Programm. Dr. Walter Schmid, Direktor der Hochschule Luzern Soziale Arbeit und damaliger Präsident der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe äusserte sich in seinem Referat am Caritas Forum vom 27. Januar 2012 in Bern zu diesem Thema u.a. wie folgt:
Wir werden beim Thema der Kinderarmut von Pauschalierungen absehen und differenzieren müssen und das Hauptaugenmerk auf jene Verhältnisse legen müssen, wo Kinder in sozial unterprivilegierten Schichten mit tiefem Bildungsstand aufwachsen und wenig soziale Austauschbeziehungen bestehen. Diese gerade auch für die Soziale Arbeit schwer zugängliche Bevölkerungsgruppe muss im Kampf gegen Armut besondere Beachtung finden. Mit der Frühförderung, den vielfältigen Integrationsbemühungen, einer aufsuchenden Sozialarbeit und vielem anderem sind wir hier m.E. auf einem guten Weg.
Wir sollten in der Bekämpfung der Kinderarmut einen multidimensionalen Ansatz ins Zentrum stellen. In der Schweiz ist weniger die materielle Besserstellung massgebend als vielmehr die soziale Ausgrenzung. Beim immer wieder bemühten Beispiel, wonach armutsbetroffene Kinder sich keine peergerechten, teuren Markenkleider leisten könnten, stelle sich für mich die Frage, ob hier tatsächlich einkommensseitig interveniert werden soll oder doch eher auf der Verhaltensebene, damit Kinder ohne Markenkleider nicht der Diskriminierung aussetzt werden.
Ich bin überzeugt, dass wir bei der Bekämpfung der Kinderarmut konsequent auf das Modell der dynamischen Lebenslagen setzen sollten. Auf die Veränderungsmöglichkeiten kommt es an. Auf die Perspektiven. Je eher wir in der Lage sind, Jugendlichen Perspektiven zu eröffnen, umso eher wird es ihnen gelingen, aus der Armut heraus zu finden. Mit diesem Modell wird das Kind, der Jugendliche als Subjekt erst wirklich ernst genommen, weil es ihm Chancen eröffnet, selber Optionen zu wählen. Armut heisst Mangel nicht nur an Gütern und Beziehungen, sondern vor allem auch Mangel an Wahlmöglichkeiten. Armut überwinden heisst Ausbruch aus einer Welt ohne Wahl.
Armutsbekämpfung sollte, ebenso wie die Integrationsförderung, in den Regelstrukturen erfolgen. Die Schule, die Berufsausbildung, die Freizeitangebote, die Sportvereine, die kulturellen Institutionen, sie alle sollten Armutsbetroffenen ebenso offenstehen wie allen andern. Es kann nicht darum gehen, auf die verschiedenen Aspekte der Armut stets mit Sonderprogrammen zu reagieren. Wir verfügen ja über eine grosse Anzahl von Institutionen und Programmen, die sich mit Armut beschäftigen. Wenn die SKOS sich kürzlich dafür ausgesprochen hat, Jugendliche sollten während der Ausbildungszeit nicht von der Sozialhilfe abhängig sein, sondern ein Ausbildungsprojekt realisieren und über Stipendien finanziert werden, so nicht, weil die Sozialhilfe sich entlasten will, sondern weil armutsbetroffene Jugendliche während der Ausbildungsphase nicht auf die Sozialhilfe verwiesen werden sollten, sondern die allgemein geltenden Angebote der Ausbildungsfinanzierung nutzen sollten. Generell gilt es zu bedenken, dass spezielle Programme für Armutsbetroffene in der Regel eher ärmliche Programme sind. Programs for the poors are usually poor programs, sagen die Amerikaner nicht ohne ein gewisses Recht. Verzichten wir also auf allzu viele Spezialdienste und Spezialprogramme. Es gibt schon sehr viele, sondern machen wir die Regelstrukturen auch für Armutsbetroffene und ihre Kinder zugänglich.
Ins Zentrum der Armutsbekämpfung muss die Nicht -Diskriminierung gestellt werden. Das Eröffnen von Chancen und Chancengleichheit ist entscheidend. Verwirklichungschancen nennt das Amartya Sen. Das heisst ganz konkret: Immer wieder analysieren, welche Hemmnisse armutsbetroffenen Kinder und Jugendlichen den Weg verbauen, ihre Chancen wahrzunehmen. Das bedingt genaues Hinhören auf die Lebenswelten und Lebenserfahrungen der Armutsbetroffenen und ihren Kindern. Das bedingt auch intensive Auseinandersetzungen mit den Eltern, die alles andere als einfach sein können. Das heisst auch: Immer wieder zu schauen, welche institutionellen Barrieren es Kindern aus ärmeren Schichten erschweren, Zugang zu öffentlichen Ressourcen wie etwa die Bildung oder Kulturtechniken zu haben. Es heisst im Gegenzug auch, immer wieder darauf bestehen, dass Armutsbetroffene ihr Schicksal ein Stück weit selber in der Hand haben und in die Hand nehmen müssen.
Sie sehen, sehr geehrte Damen und Herren, bei meinen Lösungsansätzen geht es weniger um neue Leistungen, Institutionen und Programme. Vielmehr glaube ich, dass unser Blick auf die Kinderarmut, die öffentliche Debatte darüber und die Haltungen der Professionellen ganz wichtig sind für die Überwindung von Armut. Dabei darf man darauf vertrauen, dass eine der wichtigsten interkulturellen und interinstitutionellen Normen die Norm des Kindswohls ist. Wenn wir uns in unserer Arbeit immer wieder konsequent an dieser Norm orientieren, ist schon einiges erreicht.
9. Welche Angebote gibt es für jugendliche Schulabgänger, welche erst für das kommende Jahr eine Lehrstelle haben?
Jugendliche, die eine Lehrstelle erst ein Jahr nach Abschluss der Volksschulzeit antreten können, überbrücken die Zeit unterschiedlich: z.B. als Au Pair, im Sozialjahr NOWESA, in einem Jahrespraktikum (zum Beispiel an einer Kindertagesstätte), Praktikum im künftigen Lehrbetrieb oder in einem der Angebot wie Agriviva, Caritas Bergeinsätze oder im Sprachaufenthalt. Für jugendliche Sozialhilfebeziehende stehen im Kanton Solothurn verschiedene Jugendprogramme zur Verfügung: Oltech, Regiomech, Netzwerk, Prowork, Suchthilfe Ost GmbH, Perspektive, Step 4, Angebote der RAV, Stiftung Speranza, SOVE.