Am 15. Dezember 2015 haben Daniel Probst (FDP) und Mitunterzeichnende folgenden Vorstoss zuhanden des Gemeindeparlamentes eingereicht:
Auftrag
Der Stadtrat wird ersucht zu prüfen, wie die Aufgaben der Sozialhilfe, der Vormundschaft und weiteren sozialen Aufgabenstellungen der Einwohnergemeinde Olten unter Berücksichtigung der kantonalen Gesetzgebung effizienter und damit kostengünstiger als heute organisiert werden kann (z.B. in einem Zweckverband oder Verein).
Begründung
Mit der Inkraftsetzung des kantonalen Sozialgesetzes am 1. Januar 2008 wurde die Sozialhilfe im Kanton Solothurn professionalisiert. Die Gemeinden wurden verpflichtet, sich zu Sozialregionen zusammen zu schliessen und die Aufgaben und Entscheidungsbefugnisse in den Bereichen Sozialhilfe, Vormundschaft, interinstitutionelle Zusammenarbeit und weiteren sozialen Aufgabenstellungen zusammen zu legen.
Als eine von insgesamt 14 Sozialregionen wurde am 29. August 2008 die Sozialregion Olten gegründet. Ebenfalls der Sozialregion Olten angeschlossen haben sich mit Wisen, Trimbach, Winznau und Hauenstein-Ifenthal vier Gemeinden aus dem Bezirk Gösgen. Die operative Führung der Sozialregion Olten obliegt der Einwohnergemeinde der Stadt Olten. Administrativ ist der Sozialdienst der Stadt Olten der Sozialdirektion der Stadt Olten unterstellt.
Die überdurchschnittlich hohen Fallzahlen und Fallführungskosten der Sozialregion Olten führen immer wieder zu Grundsatzdiskussionen im Gemeindeparlament. Die Unzufriedenheit steigt aber auch bei anderen Sozialregionen und Gemeinden, welche die Sozialregion Olten mit dem Lastenausgleich jährlich mit viel Geld alimentieren müssen.
Im Sozialgesetz gibt es nur wenige Vorgaben zur Aufbau- und Ablauforganisa-tion (Prozesse) einer Sozialregion. Die Sozialregionen sind damit frei, sich möglichst effizient und kostengünstig organisieren zu können.
Die Prüfung einer alternativen Aufbau- und Ablauforganisation der Sozial-region Olten soll aufzeigen, wie die sozialen und vormundschaftlichen Aufgaben der Sozialhilfe unter Berücksichtigung der kantonalen Gesetzgebung effizienter und kostengünstiger organisiert werden können.
Bei der Prüfung sind sämtliche Aspekte wie Löhne, Organisation, angewendete Sozialhilfe Massnahmen und Ansätze, Miete, Pensionskasse usw. zu beachten.
***
Stadtrat Peter Schafer beantwortet das Postulat im Namen des Stadtrates wie folgt:
Zum Thema Fallzahlen und Fallführungskosten (besser: Kosten der Sozialregion pro anrechenbarer Fall) verweisen wir auf die Beantwortung der Interpellation FDP betr. „Kosten und Leistungssituation in den Sozialregionen“.
- Ausgangslage
1.1 Kantonale Gesetzgebung
Das Sozialgesetz (SG) vom 31. Januar 2007 enthält folgende Bestimmungen:
§ 27 Sozialregionen
1 Die Einwohnergemeinden erbringen die ihnen zugewiesenen Aufgaben der Sozialhilfe, der institutionellen Zusammenarbeit sowie des Kindes- und Erwachsenenschutzes in Sozialregionen.*
2 Eine Sozialregion muss mindestens 12'000 Einwohner und Einwohnerinnen umfassen. Der Regierungsrat kann mit Rücksicht auf die regionalen Verhältnisse Sozialregionen mit einer geringeren Einwohnerzahl zulassen.
3 Die Einwohnergemeinden können weitere soziale Aufgaben grundsätzlich nur jener Sozialregion übertragen, welcher sie für die Sozialhilfe angehören. Der Regierungsrat kann in begründeten Fällen Ausnahmen bewilligen.
4 Sozialregionen können sich zusammenschliessen, um soziale Aufgaben gemeinsam zu erfüllen.
Die Sozialverordnung (SV) vom 29.10.2007 enthält folgende Bestimmungen:
§ 4 Sozialregionen, § 27 SG
1 Die Organisation der Sozialregionen richtet sich nach der Gemeindegesetzgebung1).
Das Gemeindegesetz (GG) vom 16.02.1992 enthält folgende Bestimmungen:
§ 158* I. Ausgestaltung
1 Die Gemeinden erfüllen ihre öffentlichen Aufgaben in der Regel selbst.
2 Sie können unter Vorbehalt besonderer Bestimmungen der Spezialgesetzgebung öffentliche Aufgaben
a) innerhalb der Gemeindeorganisation ausgliedern, indem sie
- Verwaltungszweige organisatorisch verselbständigen oder Spezialfinanzierungen bilden;
- Gemeindeunternehmen mit eigener öffentlich-rechtlicher Rechtspersönlichkeit gründen;
b) an Dritte auslagern, indem sie
- sich an Unternehmen mit privatrechtlicher Rechtspersönlichkeit beteiligen oder solche gründen;
- Leistungsvereinbarungen abschliessen.
3 Sie haben dabei die öffentlichen Interessen zu wahren und ihre Vertreter und Vertreterinnen zu instruieren und zu kontrollieren; diese haben Bericht zu erstatten.
4 Die Kapitalbeteiligung der Gemeinde bleibt Verwaltungsvermögen.
§ 163* VI. Leistungsvereinbarungen und Controlling
1 Die Gemeinden können in rechtsetzenden Gemeindereglementen diejenigen Bereiche bezeichnen, in denen der Gemeinderat Leistungsvereinbarungen mit Dritten abschliessen oder eine kantonale Dienststelle ermächtigen
kann, eine bestimmte Leistung zu erbringen.
2 In den Leistungsvereinbarungen ist sicherzustellen, dass
a) Wirkungs- oder Leistungsziele und Resultate mess- und überprüfbar sind und evaluiert werden;
b) die geforderte Qualität erreicht wird;
c) die Mittel wirtschaftlich eingesetzt werden;
d) der Rechtsschutz gewährleistet ist.
3 Der Gemeinderat überprüft, ob die Vorgaben eingehalten werden.
4 Werden die Vorgaben nicht erreicht, ist die Leistungsvereinbarung anzupassen oder aufzulösen. Vorbehalten bleiben vertraglich festgelegte Sanktionen.
§ 164 I. Formen der Zusammenarbeit
1 Gemeinden können Aufgaben erfüllen, indem sie:
a)* Zweckverbände, gemeinsame Unternehmen oder Anstalten errichten;
b) öffentlich-rechtliche Verträge abschliessen, um:
- gemeinsame Institutionen und Organe einzurichten;
- bestimmte Aufgaben einer Gemeinde an eine andere zu übertragen, sofern es mit dem Wesen der beteiligten Gemeinden vereinbar oder im Gesetz vorgesehen ist;
c) sich gemeinsam an öffentlichen, gemischtwirtschaftlichen oder privaten Unternehmungen und Körperschaften beteiligen.
2 Beteiligen sich nur solothurnische Gemeinden und andere solothurnische öffentlich-rechtliche Körperschaften an Unternehmen, sind diese in der Regel öffentlich-rechtlich zu organisieren.
§ 166 ff (Bestimmungen über den Zweckverband)
Die kantonale Gesetzgebung lässt somit grundsätzlich die Auslagerung von Leistungen an Dritte zu, sofern die öffentlichen Interessen gewahrt bleiben. Arbeiten mehrere Gemeinden zusammen, können Aufgaben einer anderen Gemeinde übertragen oder ein öffentlich-rechtliches Unternehmen gegründet werden.
1.2 Aktuelle Umsetzung
Aktuell erfolgt die Leistungserbringung der Sozialregion Olten nach dem Leitgemeinde-Modell, d.h. die EGO ist Leitgemeinde, die weiteren angeschlossenen Gemeinden übertragen die Aufgaben der Leitgemeinde. Sie sind von den Aufgaben im Bereich Asyl, Sozialhilfe, Kindes- und Erwachsenenschutz, AHV-Zweigstelle, Gemeindearbeitsamt, Grundangebot (Beratung) und Mütter- und Väterberatung vollständig entlastet. Die Leistungserbringung ist in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag festgehalten.
2. Varianten
2.1 Leitgemeindemodell (aktuelle Variante)
Die EGO wählte eine Zusammenarbeit mit den umliegenden Gemeinden. Für das Leitgemeindemodell sprachen finanzielle, organisatorische und weitere Gründe.
2.2 Zweckverband
Eine Sozialregion lässt sich ohne weiteres mit einem Zweckverband als Trägerschaft organisieren. Mit der Bildung eines Zweckverbandes wird die Leistungserbringung ausserhalb der städtischen Verwaltung eigenständig erbracht. Die Einflussnahme wird städtischen Delegierten übertragen.
2.3 Verein
Da sich nur solothurnische Gemeinden an einer Sozialregion nach kantonalem Recht beteiligen, müsste gut begründet werden, weshalb nicht ein öffentlich-rechtliches Gebilde gewählt wird (vgl. § 164 Abs. 2 des Gemeindegesetzes (GG) vom 16.02.1992).
2.4 GmbH
Für eine GmbH gilt dieselbe Anmerkung wie für einen Verein.
2.5 Aktiengesellschaft
Für eine AG gilt dieselbe Anmerkung wie für einen Verein.
3. Umsetzung
3.1 Inhaltliche Aspekte
Die Sozialregion müsste unabhängig von der gewählten Organisationsform und Trägerschaft nach den kantonalen Vorgaben in Bezug auf Sozialhilfe-Massnahmen und –Ansätze arbeiten. Dasselbe gilt auch für die übrigen Leistungsbereiche.
3.2 Organisatorische Aspekte
Die Sozialregion Olten ist so ausgestaltet, dass sie ohne weiteres unter einer anderen Trägerschaft tätig sein könnte. Durch eine Ausgliederung aus der Stadtverwaltung könnte mehr organisatorische und betriebliche Freiheit gewonnen werden.
3.3 Finanzielle Aspekte
Die gesetzlichen Vorgaben über die Sozialregionen, über den Lastenausgleich für Sozialhilfeleistungen und den Lastenausgleich Sozialadministration lassen einen kleinen Spielraum. Die Pro-Kopf-Beiträge für Sozialhilfekosten und den Lastenausgleich Sozialadministration werden – unabhängig von der Organisation einer Sozialregion – in der vom Amt für soziale Sicherheit vorgegebenen Höhe fällig.
Ein – im Vergleich mit den Gesamtkosten der Leistungserbringung im sozialen Bereich – kleiner Teil der Kosten, die Restkosten, einerseits und Einnahmen der EGO, Overhead-Beitrag (Kto. 5726.3612.00, Fr. 590‘000.--), Mieteinnahmen (Kto. 5726.3160.00, 323‘700.--) und Entschädigungen für Informatikdienstleistungen (Kto.5726.3133.00, Fr. 307‘000.--), anderseits könnten verändert werden. Solche Auswirkungen wären sorgfältig zu prüfen.
Bei einer groben erstmaligen Betrachtung wäre sicher festzuhalten, dass eine ausgelagerte Sozialregion der EGO keine Overheadkosten (Kto. 5726.3612.00, Fr. 590‘000.--) mehr bezahlen würde. Es würden günstigere Büroräumlichkeiten gesucht und Informatik¬dienstleistungen würden voraussichtlich bei einem günstigeren privaten Anbieter bezogen. Bei der EGO würden dadurch Einnahmen wegfallen, die eingespart werden müssten. Ob sich wegfallende Einnahmen und mögliche Einsparungen (Mieteinnahmen Dritte, Auslagerung Informatik-Abteilung mangels kritischer Grösse u.a.) zumindest die Wage halten, wäre exakt aufzuzeigen.
3.4 Pensionskasse
Neben den bereits aufgeführten finanziellen Aspekten müsste bedacht werden, welche Folgen eine Auslagerung auf die Pensionskasse hätte. Diese müsste ausfinanziert werden. Es wäre mit Kosten von ca. 5.6 Mio. Fr. zu rechnen (ca. 17.3% der bilanzierten Schuldanerkennung von 32.2 Mio. Fr.). Mit dem Wegfall von mehr als 30 Versicherten würde sich das Verhältnis Rentner / Aktive bei der PKO verschlechtern. Auch hier wären die Folgen exakt aufzuzeigen.
Im Sinne der Erwägungen beantragt der Stadtrat die Überweisung des Postulates.