Inhalt
Dringlicher Vorschlag des OK Klimastreik Olten gemäss Art. 16 GO betr. Klimanotstand/Beantwortung
- Geschäftsart
- Volksmotion
- Datum
- 28. März 2019
- Beschreibung
Am 18. März 2019 hat das OK Klimastreik Olten folgende Vorschlag gemäss Art. 16 GO (Vorschlag von 30 in Olten wohnhaften Schweizer Jugendlichen zwischen 16 und 26 Jahren) mit 30 gültigen Unterschriften eingereicht:
«Wir fordern, dass der Stadtrat der Stadt Olten den Klimanotstand ausruft:
Durch die Ausrufung des Klimanotstandes verpflichtet sich der Stadtrat der Stadt Olten den folgenden Punkten:
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Der Stadtrat anerkennt, dass die menschengemachte globale Erwärmung als eine für uns Menschen existenzbedrohende Krise angesehen werden muss.
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Der Stadtrat verpflichtet sich, zur Verhinderung einer humanitären Klimakatastrophe die globale Erwärmung auf +1.5°C im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten zu begrenzen. Dies entspricht den Zielen des Klimaabkommens von Paris und bedeutet für die Stadt Olten netto 0 Treibhausgasemissionen bis 2030.
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Alle zukünftigen Handlungen und Entscheidungen des Stadtrates werde unter Einbezug aller möglichen Auswirkungen auf das Klima gefällt und vom Stadtrat an den Punkten 1 und 2 gemessen. Der Stadtrat wird alles daransetzen, die in Punkt 2 erwähnten Klimaziele zu erreichen und orientiert sich dabei an den Berichten des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC).
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Der Stadtrat informiert sich, seine Behörden und Angestellten und die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt Olten wissenschaftlich über den Mechanismus der globalen Erwärmung. Er informiert fundiert über die Ursachen und Auswirkungen der Klimakrise auf wirtschaftlicher und politischer Ebene. Des Weiteren informiert er innert sechs Monaten nach der Annahme und mindestens einmal jährlich, welche Massnahmen getroffen wurden und welche weiteren Massnahmen geplant sind, um die Ziele von Punkt 2 zu erreichen.
Begründung:
Der Klimawandel ist nicht mehr bloss ein Phänomen. Es ist wissenschaftlich begründet, dass der Klimawandel verheerende Folgen für Mensch, Umwelt und Wirtschaft mit sich bringen wird, falls man nicht sofortige Massnahmen ergreift. Die Stadt Olten wird bei Annahme dieser Motion diese Massnahmen sofort ergreifen und einen grossen Vorbildcharakter für weitere schweizerische wie auch internationale Städte einnehmen.»
Stadtpräsident Martin Wey beantwortet den Vorstoss im Namen des Stadtrates wie folgt:
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Grundsätzliches
Um es vorauszuschicken: der Stadtrat von Olten hat grosses Verständnis für das Engagement der Jugend gegen die weltweite Beeinträchtigung des Klimas, welche wesentlich vom Menschen und dessen Aktivitäten ausgeht. Er stimmt mit den Einreichenden des Vorschlags überein, dass es ohne entschiedene Gegenmassnahmen zu einer existenzbedrohenden Krise kommen kann und dass in dieser Sache auf politischer Ebene mehr getan werden muss. Es ist das grosse Verdienst der Jugendlichen, dass das Klima – zumindest in Westeuropa – derzeit ganz oben auf der politischen Agenda figuriert.
Einen Leistungsausweis in dieser Sache kann auch die Stadt Olten vorlegen: Sie besitzt seit 2004 das Label Energiestadt, damals mit 54% der möglichen Punkte. Bereits vier Jahre später, beim ersten Reaudit, wurde dabei das Label der Stadt Olten durch den Trägerverein Energiestadt bestätigt – mehr noch: der Anteil von anrechenbaren Massnahmen konnte innert der vier Jahre gar auf 64% gesteigert werden. Ursache war unter anderem die damals beschlossene Gebäudestrategie, welche vorsieht, dass bei Sanierungen oder Neubauten von stadteigenen Gebäuden die energetischen Anforderungen auf die Zielsetzungen der 2000-Watt-Gesellschaft ausgerichtet werden. Im Jahr 2012, beim zweiten Reaudit, wurde dieses Ergebnis egalisiert. Beim letzten Reaudit im Jahr 2016 konnten sogar 67% erreicht werden. Diese Gesamtbewertung bestätige das Engagement der Stadt Olten in den Themen Energie, Mobilität und Klimaschutz eindrücklich, so das Verdikt des zuständigen Gremiums. Ausschlaggebend waren die Bereiche „Entwicklungsplanung, Raumordnung“, „Kommunale Gebäude, Anlagen“ und „Interne Organisation“, in denen – unter anderem dank Massnahmen im Gebäudebereich und in der Mobilitätsplanung – Werte von über 70% erreicht wurden. So verbraucht etwa das Sälischulhaus heute rund 60% weniger Energie als vor der Sanierung; beim Stadthaus wird in den nächsten Jahren eine noch grössere Reduktion erwartet. Das Thema Ökologie ist zudem auch Bestandteil der neuen Eignerstrategie für die Städtischen Betriebe Olten. Ins gleiche Horn stossen auch die Vorgaben für das neue Schulhaus Kleinholz wie Minergie-P ECO Zertifizierung, PV-Anlage sowie innovative und nachhaltige Gebäudetechnik-Konzepte.
Der Stadtrat macht aber gleichzeitig darauf aufmerksam, dass auch diese Strategien und darauf basierende Massnahmen ihren Preis haben, den die Gesellschaft als Ganzes zu bezahlen bereit sein muss – worüber beispielsweise im Bereich Mobilität in Olten derzeit keine Einigkeit besteht, wie sich im vergangenen Jahr zeigte. Zudem müssen auch in diesem Bereich die gesteckten Ziele und geplanten Massnahmen für die jeweiligen Instanzen umsetzbar sein.
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Zum vorliegenden Vorschlag:
Der Begriff Notstand im verfassungsrechtlichen Sinne ist definiert: Kommt es in einem bestimmten Gebiet aufgrund von Ereignissen wie Naturkatastrophen, Krieg, Aufruhr oder ähnlichem zu einer unüberschaubaren Lage, so kann der Notstand, auch Ausnahmezustand, ausgerufen werden. In der Regel hat dies dann zur Folge, dass die öffentliche Gewalt auf ihre Bindung an Gesetz und Recht insoweit verzichten kann, wie sie es zur Bekämpfung des Notstandes für erforderlich hält. In den demokratischen Ländern bedeutet der Notstand in der Regel die Verkürzung des Rechtsschutzes gegen hoheitliche Massnahmen sowie das Zurückdrängen von umfangreichen und langwierigen behördlichen oder legislativen Verfahren. Auch wenn der Stadtrat die drohende Gefahr erkennt, besteht aber kein unmittelbarer dringlicher Anlass, dass er in seinem Einflussbereich bestehende Gesetze und Rechte ausser Kraft setzt. Eine Ausrufung des Klimanotstandes durch den Stadtrat hätte somit lediglich deklaratorischen Charakter und könnte daher auch als „unehrlich“ betrachtet werden.
Diese Beurteilung wird dadurch verstärkt, dass die Verpflichtung unter Punkt 2 sachlich schlicht und einfach nicht erfüllt werden kann: Weder kann der Stadtrat die globale Erwärmung im beschriebenen Umfang begrenzen, noch kann er – nicht einmal lokal – die Treibhausgasemissionen bis 2030 auf null reduzieren. Es kommt hinzu, dass er in seinem Handeln nicht autonom ist, sondern auf die Zustimmung übergeordneter Instanzen angewiesen wäre – ein weiterer Grund, weshalb er die geforderte Verpflichtung nicht eingehen kann.
Gegen eine Erheblicherklärung der vorliegenden Motion spricht zudem, dass die finanziellen Auswirkungen von Punkt 3, welcher alle künftigen Handlungen und Entscheidungen des Stadtrates der genannten Verpflichtung unterstellt, nicht abschätzbar sind. Art. 34 der Geschäftsordnung des Gemeindeparlaments legt indessen fest, dass über Anträge, deren finanzielle Tragweite nicht geklärt ist, nicht abgestimmt werden darf.
Zusammenfassend begrüsst und unterstützt der Stadtrat den Einsatz der Jugendlichen zum Schutze des Klimas und sichert zu, dass auch er sich im Rahmen seiner Zuständigkeit und Möglichkeiten für dieses Ziel einsetzen und dafür politische Mehrheiten anstreben wird. Mangels rechtlicher Grundlagen, Zuständigkeit und Umsetzbarkeit beantragt er jedoch, die Motion in ihrer absoluten Form nicht erheblich zu erklären.
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Zugehörige Objekte
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